von Gunda
Telefonmenschen, Anmeldungen, schlampige Handwerker... Erst jetzt merken wir in voller Bandbreite, wie viel schwerer und umständlicher das Leben in Deutschland ist... Und wie viel weniger als in Japan Dinge sofort und mit Service so funktionieren, wie sie sollten...
Jetzt sind auch unsere Sachen aus Berlin da. Zeit, einen neuen deutschen Haushalt einzurichten. Meine aktuellste Rundmail dazu:
"Liebe Freunde!
Es ist geschafft! Wir wohnen in der neuen Wohnung!
Im
Moment ist alles noch sehr provisorisch, und es gibt mehr Kisten als
Möbel; aber wir fühlen uns ein großes Stück mehr "angekommen" in Bonn.
Und dies ist unser erster Tag mit Internet zu Hause!
Hier die Details:
Vergangenen
Donnerstag sind wir von der möblierten Wohnung in die neue, noch leere
Wohnung gezogen. Dabei hat uns der Vermieter der möblierten Wohnung
geholfen. Wir haben sein Auto bis zum Rand gefüllt ("Das wird aber ein
enges Höschen."), und er ist damit (und mit Thomas) nach Bonn gefahren.
Dann
haben wir in den Japan-Kisten nach der Luftmatratze, Decken und Kissen
gesucht. (Dank Zollerklärung war das fast einfach.) Die Pumpe fiel nach
und nach aus, sodaß Thomas die ganze doppelte Luftmatratze mit dem Mund
aufgepustet hat.
Freitag kamen dann erstmal noch alle möglichen
Handwerker. Anschließend sind wir nach Berlin gefahren, wo wir mitten
in der Nacht ankamen.
Samstag haben wir das Zimmer in Rudow
ausgeräumt, in dem alle unsere Sachen die letzten zwei Jahre gelagert
waren. Da wir erst davon ausgegangen waren, wieder nach Berlin
zurückzugehen, waren die Sachen mehr schlecht als recht auf einen
Transport vorbereitet. Ortrun und meine Eltern haben uns tatkräftig
unterstützt. Zum Schluß hat Philine, bei der meine Wellensittiche in
den letzten zwei Jahren waren, die Vögel noch netterweise
vorbeigebracht. Ein paar Kleinigkeiten mußten wir in Berlin lassen,
weil der LKW voll war.
Dann ging es los. Thomas fuhr mit dem Zug,
meine Eltern und ich im LKW. Den hatten wir gnadenlos zu schwer
gemacht, sodaß er laut Aussage meines Vaters "wie ein nasser Schwamm"
zu fahren war. Mit einem LKW darf man nur 80 km/std fahren, was aber
kein anderer LKW-Fahrer tun wollte. Deshalb gab es ein ständiges
Gedränge und Geschiebe, was unsere Sicherheit nicht gerade erhöhte.
Gegen Ende haben meine Mutter und ich meinen Vater durch Fragen zu
unserer Familiengeschichte wachhalten müssen. Und dann fing es auch
noch an zu regnen... Aber da kam auch schon Bonn und damit das
Parkplatzproblem. Mein Vater fand dann einen Platz ziemlich weit weg
von unserer Wohnung. Um 3h waren wir im Bett. Dabei wollten wir Sonntag
früh gleich mit dem Ausräumen anfangen, weil der LKW Montag um 8h
abgegeben werden mußte.
Sonntag haben wir also ausgeladen. (Ich
bin gleich am Morgen mit Migräne und ersten Anzeichen einer Erkältung
aufgewacht...) Zweiter Stock Altbau, kein Fahrstuhl. Juchhu!
Mein
Vater hielt erst in der Einfahrt neben unserem Haus und fuhr später
einmal um den Block auf einen "richtigen" Parkplatz vor unserer Tür.
Bei dieser Aktion kippte ein Reagal im LKW um, und ein Bein brach ab.
Die
Wohnungstür wurde ausgehängt, und etwas schleppend ging es los. Dann
tauchte plötzlich ein Mann auf der Straße auf, der uns anbot, uns für
ein Päckchen Tabak zu helfen. Da er sehr schnell und kräftig war,
nahmen wir das Angebot gerne an. Im Prinzip gibt es bei uns eigentlich
kaum was zu klauen; aber ein bischen aufgepaßt haben wir dann schon...
Plötzlich ging alles viel schneller. (Auch, wenn die Türrahmen jetzt so
einige Macken haben...) Später hat uns noch der Nachbar von einer Etage
tiefer geholfen, der sich noch lebhaft daran erinnern konnte, wie das
bei ihm und seiner Freundin vor einem Jahr war. (Die kannten auch
niemanden in Bonn, der hätte helfen können.)
Dem Herren von der
Straße, der sich als Junky auf Entzug rausstellte (Etwas Ähnliches
hatte ich mir schon gedacht.), mußten wir dann doch Geld geben.
Daraufhin kam er später nochmal wieder und meinte, das sei zu viel Geld
gewesen; da müßte er noch mehr helfen. Darüber waren wir natürlich
nicht böse...
Meine Eltern sind dann längst nach Einbruch der
Dunkelheit wieder zurück nach Berlin gefahren und waren um 5.30h zu
Hause. Gerade richtig, um den LKW abzugeben... Sie haben uns aber schon
vorher gesagt, das sei nun wirklich der letzte Umzug gewesen, bei dem
sie geholfen hätten. (Man wird halt auch nicht jünger... ;-) )
Tja,
und jetzt sitzen wir hier inmitten von Kisten. Unser Problem ist, daß
wir noch kaum Möbel haben, in die wir die Sachen aus den Kisten füllen
könnten. Die müßten erst noch aufgebaut werden. Dafür aber braucht man
Platz, den wir nicht haben, weil alles voller Kisten steht... Deshalb
habe ich die letzten Tage damit verbracht, erstmal besser zu stapeln.
(Ich eigne mich wohl ganz gut als Hochstaplerin...)
Ach ja, und
dann würden wir ja liebend gerne vom Gästebett auf unser Bett umziehen.
Beim Auseinanderbauen habe ich auch schön alle Schrauben usw. in einer
Dose gesammelt und beschriftet. Die Dose habe ich beim Einräumen immer
extra gehalten. Und plötzlich war sie weg. Da hatte sie einer unserer
netten Helfer einfach in irgendeiner Kiste verschwinden lassen, und wir
wissen nicht, in welcher...
Alles in allem macht sich hier bei
uns neben dem Muskelkater und anderen Blessuren (Thomas hat einen
handgroßen blauen Fleck plus Schramme am Schienbein, weil er beim
Einladen zwischen LKW und Rampe abgerutscht ist.) eine positive
Stimmung breitgemacht, die ein bischen nach Aufbruch riecht. Einige
Sachen sind schon da, wo sie hingehören, und das Bad ist schon fast
fertig eingerichtet. Ab und zu kommen noch Handwerker oder
Telefonmenschen vorbei; aber das ist jetzt eher das "Feintuning".
...und die Vögel waren direkt nach dem Transport total fit. Jetzt
thronen sie auf einem Kistenberg und zwitschern vor sich hin. Beim
Räumen mache ich mir jetzt Musik an, und so haben alle ihren Spaß.
Ab
und zu entfliehen wir dem Ganzen, um uns etwas zum Essen zu holen, denn
wir haben noch keine Küche (und keine Waschmachine). - Das kommt
nächste Woche.
Samstag kommen Thomas' Eltern zum Gucken und für
den Weihnachtsmarkt. Am Abend habe ich ein Konzert mit dem Chor der
Münsterbasilika Bonn, der zwar musikalisch noch nicht mein Traumziel
ist, aber für den Einstieg nach zwei Jahren Untätigkeit erstmal ganz
schön ist.
Ach ja, und was sagen die anderen? Bisher fast immer,
daß die Wohnung toll ist, und im zweiten Atemzug, daß sie aber nicht
darin wohnen wollen würden. Und plötzlich ist mir mal wieder klar
geworden, was für ein Glück Thomas und ich haben, daß wir uns auch in
verrückten Wohnungsdingen so einig sind...
(...)
Wir freuen uns auf Besuch. Habt eine schöne Adventszeit und freut Euch Eurer gemütlichen Wohnungen!
Gunda"
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