von Thomas
Nein, keine Beach-Party, sondern Beach und Party gab es heute. Zunaechst sind wir mal wieder nach Oarai an den Pazifik gefahren, um diesmal etwas im Meer zu schwimmen. Nachdem es beim ersten Versuch noch etwas zu kalt war und wir am "Sun Beach" nur auf ein paar dutzend Muschelsucher und einige Surfer gestossen waren und beim zweiten Versuch am "Oarai Beach" zwar schon mehr Leute, aber auch ziemlich uebel mit Algen verdrecktes Wasser vorgefunden haben, sind wir nun wieder zum "Sun Beach". Die Sonne kam zwar nicht so prall durch den Dunstschleier am Himmel durch, aber es war immer noch sehr heiss und das, was an Sonne durchkam, brannte immer noch ganz schoen.
Als wir in Oarai angekommen waren, bemerkten wir schon einige Unterschiede zu den beiden anderen Malen: Im Bahnhof wurde man mit einem kostenlosen Glas kaltem Tee begruesst und man konnte sich Fahrraeder ausleihen. Vor dem Bahnhof war dann noch eine zusaetzliche Bushaltestelle fuer drei Buslinien Richtung Ozean eingerichtet.
Nun gut, die tun halt was und es hatte ja auch inzwischen die offizielle Badesaison begonnen und da wird dann schon etwas mehr los sein, dachten wir. Die Wirklichkeit hat uns dann aber doch ueberrascht: Brechend voll war es am Strand, zigtausende Leute draengten sich auf dem eigentlich sehr weitlaeufigen Gelaende. Dazu gab es dann noch zig grosse Zelte und kleine Fressbuden, viel Tamtam und Musik. Kurz high-life am Oarai "Sun beach"!
Wir waren dann doch erstmal etwas verdattert, weil wir zwar mehr Leute, aber eben nicht soviel Trubel erwartet hatten. Schlieslich haben wir uns dann irgendwo in dem ganzen Getuemmel ein freies Plaetzchen gesucht und uns dort haeuslich niedergelassen und als einzige Auslaender weit und breit mal wieder einige neugierige Blicke geerntet.
An richtig schwimmen war allerdings nicht zu denken, dazu standen viel zu viele Leute als Hindernisse im Wasser herum, also war ausruhen und Sonne geniessen angesagt. Und ausserde hatten wir so etwas Zeit, um das japanische Strandleben ausgiebig zu beobachten.
Was viel uns auf? Erstmal sind die Leute mehr bekleidet, als z.B. in Deutschland. Das extremste sind Leute, die mit langer Jeanshose, Schuhen, duennem Pulli und Hut in der Sonne liegen. Aber das sind natuerlich auch hier eher Ausnahmen. Leute, die mit kurzer Hose und T-Shirt ins Wasser gehen sieht man aber schon durchaus recht oft, sowohl Maennlein als auch Weiblein und auch das Alter spielt da kaum eine Rolle. Auch Damen mit Sonnenschirm in der Hand sieht man durchaus im Wasser! Feste Sonneschirme und kleine Zelte, um sich vor der Sonne zu schuetzen, sieht man dagegen sehr, sehr haeufig.
Aber der Grossteil der Leute waren natuerlich Jugendliche, Teenager und Twens, die sich auch in der Sonne braten liessen. Dabei trugen die Jungs quasi alle etwas laengere Badeshorts, waehrend es bei den Damen staerker varrierte. Einige trugen Bikinis, allerdings niemals ausgesprochen knappe, andere auch kurze Badeshorts und irgendein Oberteil, manchmal von einem einem Bikini, manchmal ein T-Shirt mit und ohne Aermel. Das eien Frau oben-ohne rumlaeuft gibt es gar nicht, es wird noch nichtmal, das Oberteil etwas geloest, wenn man baeuchlings in der Sonne liegt. Auch Kleinkinder haben immer etwas an. Wenn man bedenkt, dass das die gleichen Japaner sind, die ohne Hemmungen Sexmangas in der U-Bahn lesen, die teilweise sehr drastische Inhalte haben und bei uns niemals frei verkaeuflich waehren, hier aber an jedem Kiosk ganz vorne in der Auslage liegen, dann sieht man schon, dass hier ganz andere Schwerpunkte hinsichtlich Moral gesetzt werden. Wo es hier freizuegig ist, ist es da sehr reglementiert und umgekehrt.
Was sonst noch? Vielleicht noch das soziale Verhalten. Wir haben im Wesentlichen zwei Gruppen beobachtet: Einzelne Paare oder Familien mit Kind und Gruppen von maenlichen Jugendlichen. Daneben noch ein paar einzelne aeltere Leute und die ein oder andere zweier oder dreier Maedchen Gruppen. Aber nur ganz, ganz selten haben wir gesehen, dass sich Jungs und Maedchen mischten, es sei denn zwei Paare waren gemeinsam am Strand. Aber das beobachtet man auch sonst recht haeufig, Jugendliche scheinen sich hier staerker nach Geschlechtern zu trennen, wenn sie was unternehmen.
Was auch noch auffiel, waren Tattoos. Zwar waren es nicht viele Jugendliche, die welche hatten (kein Vergleich zur gleichen Generation in Deutschland zur Zeit), aber es waren doch deutlich mehr, als das man noch sagen koennte, in Japan tragen nur Yakuzas Tattoos...
Der ganze Spuk ging dann recht schnell zu Ende. Als gegen 5 Uhr einen Tick kuehler wurde, verschwanden die Leute auf einmal recht schnell, die Buden und Zelte machten zu und der Strand sah fast wieder so aus, wie wir ihn in Erinnerung hatten...
Wir sind dann auch zurueck, da wir nicht zu spaet nach Hause wollten und sind dann aber mitten in einer Party gelandet udn waren dann doch erst recht spaet wieder daheim. Was fuer eine Party? Als wir in Arakawaoki aus dem Zug stiegen, hoerten wir ploetzlich Musik. Die Quelle war dann schnell gefunden: Nachdem vor ein paar Wochen auf unserer Seite des Bahnhofs ein Matsuri (Fest) stattgefunden hatte, war diesmal die andere Seite dran (haetten wir uns auch denken koennen, da wir gestern schon vom Bus aus eine Wagen gesehen hatten). Da sind wir dann natuerlich nicht nach Hause gegangen, sondern zum Fest. Es war recht aehnlich dem letzten Arakawaoki-Matsuri: Auf einem geschmuckten Wagen wurde Musik gemacht und getanzt und starke Maenner und Frauen schleppten einen kleinen Schrein auf ihren Schultern herum, schuettelten ihn dabei wild hin und her und schrieen laut herum, dazu noch ein paar Einpeitscher, damit niemand schlapp macht.
Zusaetzlich gabs dann noch Tanzeinlagen von einer Frauengruppe udn einigen Kindern.
Der ganze Tross setzte sich dann nach einiger Zeit in Bewegung und Wagen und Schrein und wurde durch die Strasen gezogen bzw. getragen. Ziel war ein kleiner Platz, auf dem zusaetlich zu einem alten, festen Schrein, noch ein zweiter provisorischer Schrein fuer die hinterlegten Opfergaben aufgebaut worden war. Dort gab es dann nochmal viel Musik, Tanz und Geschrei (ganz aehnlich alles, wie in Gion letzten Sonntag). Und als die Schrein-Traeger dann muede waren, war dann erstmal Ruhe. Die Leute brachten den Wagen weg und der mobile Schrein wurde entschmueckt.
So hatten wir es ja auch in Gion gesehen. Aber danach wurde es dann alles anders. Keine Priester, die sich um die Kamis in den Schreinen kuemmern und eine kurze Zeremonie abhalten, nein, die Opfergaben wurden in Kisten verpackt und auf einen kleinen LKW geladen und der mobile Schrein wurde in einer simplen Garage abgestellt. Das machte doch einen etwas ernuechternden Eindruck, ganz so profan, hatten wir es einfach nicht erwartet...
Aber interessant war es allemal. Wir haben uns dann noch etwas umgeschaut, die Aktiven hatten sich mitlerweile in eine Schule oder so zurueckgezogen und feierten noch, andere kuemmerten sich um den Wagen und wieder andere demontierten den provisiorischen Schrein. Und wir sind ziemlich muede nach Hause gegangen, viel spaeter, als wir es eigentlich wollten...
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