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25. Januar 07

Vermisse ich Japan?

von Thomas

Ja, natürlich...

Als ich mir dieses Bild (es ist letzten September am Hachiko-Ausgang des JR-Bahnhofs in Shibuya aufgenommen, im Hintergrund sieht man die berühmte große Kreuzung von Shibuya, mit den Hochhäusern und Menschenmassen, die dort jeden Tag herüberströmen) eben anschaute, da war dieses irreale Gefühl wieder da, dass sich so schwer beschreiben lässt.

Was ich auf dem Bild sehe, kommt mir so nah vor, es kann doch gar nicht sein, dass ich mich jetzt nicht in den nächsten Zug setzen kann und dort hinfahre. Reale Entfernungen spielen dann keine Rolle, hier, dort, alles vermischt sich und braucht wieder ein paar Momente, bis im Kopf alles wieder an seinem Platzt ist. Wir sind jetzt hier und nicht dort, auch wenn es vom Gefühl her noch sehr zum greifen nah ist.

Wird das jemals wieder anders werden? Nicht wirklich, fürchte ich. Auch wenn es mir unsere Wohnung hier, meine Arbeit, unser Leben hier, noch so gut gefällt, so ist das auf dem Bild dort doch ein unauslöschlicher Teil von mir geworden, wird es immer bleiben. Und damit auch die Erinnerung an das Leben dort, an das Lebensgefühl dort.

Und das das alles etwas irreal ist, passt eigentlich zu Japan. Denn letztlich war unsere Zeit in Japan schon auch sehr irreal, vor allem eben auch wenn wir in Tokyo. Fast nichts verstehen und gar nicht verstanden werden, löst einen heraus aus der Realität. Wir waren da, aber wir waren nicht wirklich Teil des Geschehens dort, wir waren Zuschauer in einem dreidimensionalen Kinofilm, der um uns herum ablief. Das gibt dem Leben dort etwas unvergleichlich unbeschwertes, befreites, erlaubt einem eine einzigartige selektive Wahrnehmung  des Angenehmen und Schönen.

Wenn man die Menge der vorbeieilenden Menschen auf dem Bild sieht, dann war ich nicht Teil davon, ich hatte mein Tempo, ich stand, machte ein Photo, ganz ruhig, losgelöst, nur ein Beobachter. Insofern  ist das Bild auch ein Sinnbild für unser Leben, für unsere Rolle in Japan.

Und jetzt sind wir wieder zu Hause und von dem Leben in Japan bleiben uns nur noch Bilder, als Erinnerung in unseren Köpfen, oder als Photo auf dem Computermonitor oder auf Papier gedruckt...

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Kommentare

Thorsten

Ist das wirklich alles?
Was ist mit Erfahrungen, Freunden?
In 2 Jahren ist sicher mehr geblieben als eine Festplatte voller Bilder.

Gerade nach Neujahr, wenn bei uns die Neujahrsgruesse eingehen, sehe ich was bleibt.

Thomas

Nein, nein, so meinte ich das nicht. Die zwei Jahre haben uns natürlich nachhaltig geprägt, uns um unwiederbringliche Erfahrungen bereichert und uns neue Freunde gegeben, auf die wir uns schon freuen, wenn sie uns hier mal besuchen.

Aber ich meinte mehr das Leben dort, die Art dort zu leben, die Gefühle, die man dabei hatte. Das ist nur noch Erinnerung, die sich kaum ins hier und jetzt übertragen lässt. Natürlich integrieren wir viele Mitbringsel aus unserer japanischen Wohnung in unsere neue, hängen uns Bilder an die Wand, gehen zum Japaner essen usw. Aber all das bringt uns nicht wirklich Japan hierher. Das sind nur noch Erinnerungen in uns und auf Bildern. Das Leben um uns herum ist nicht mehr bunt und exotisch, aufregend, spannend, jeden Tag mit der Entdeckung von Unbekanntem angefüllt. Und wir selbst sind auch nicht mehr exoitisch für unsere Umwelt. Das alles ist oft nicht leicht und häufig sehr verwirrend, aber letztlich auch wieder gut...

Gunda

Ich verstehe genau, was Du meinst, Thomas. Und mir geht es ganz genauso.

@ Thorsten: Die Freunde, die wir in Japan gefunden haben, waren ja auch keine Durchschnitts-Japaner. (Heißt der dann "Yoshi Normalverbraucher"?) Es waren und sind Menschen, die auch in ihrem Umfeld in gewisser Weise exotisch waren und sich abgehoben haben. Und sei es nur dadurch, daß sie eine Fremdsprache fließend sprechen und dem Kontakt zu Ausländern nicht abgeneigt sind. Für "mehr" hat unsere Zeit (und unsere Sprachkenntnis) vielleicht einfach nicht gereicht. Aber ich bin darüber auch nicht so richtig traurig. Wären wir "zu japanisch" geworden, hätten wir besagte Freiheit nicht mehr gehabt, und der Wiedereinstieg in Deutschland wäre fast unmöglich geworden.

Kilian hat mir neulich geschrieben, daß man immer mit dem Körper in einem und dem Geist im anderen Land sein wird, und daß es dafür leider keine Medizin gäbe. Stimmt wohl...

ortrun

"Wir waren da, aber wir waren nicht wirklich Teil des Geschehens dort, wir waren Zuschauer in einem dreidimensionalen Kinofilm, der um uns herum ablief. Das gibt dem Leben dort etwas unvergleichlich unbeschwertes, befreites, erlaubt einem eine einzigartige selektive Wahrnehmung des Angenehmen und Schönen." -- das habe ich dich noch nicht so sagen hoeren, es ist sehr einleuchtend und gut beschrieben. was das heimweh angeht: es ist doch schoen, dass dieses gefuehl bleiben wird. es ist ein innerer reichtum, der euch erhalten bleibt, mal mit schmerzhafterer, mal mit sueszerer wehmut verbunden.

Gunda

Eigentlich fühlte ich mich schon ein bischen, wie Thomas es beschrieben hat. Aber zum Schluß hatte ich vielmehr das Gefühl, "Teil des Geschehens" zu werden. Immerhin haben wir für unsere Freunde (und ich für meine Schüler) zu ihrem ganz normalen japanischen Leben gehört und durften (wenn auch eher als Zuschauer) daran teilhaben. Ich glaube, vorallem Thomas' Sichtweise auf unser Leben dort hat sich mit dem Abstand sehr verändert. Ich erlebe das bei mir nicht so drastisch. (Aber vielleicht ist es das von außen genauso.)
@ Ortrun: Neulich habe ich nach dem Durchblättern des GEO-Sonderheftes Japan geheult und den ganzen Abend Heimweh gehabt...

Gunda

Oh, ich habe was vergessen:

Ich glaube, daß wir mehr von Japan und den Japanern verstanden und vorallem wirklich verstehend gefühlt haben, als die meisten anderen Ausländer dort.
Ich muß immernoch an das schöne Kompliment von Mari zum Abschied denken: Sie hat gesagt, es hat sie beeindruckt, wie tief wir die japanische Kultur verstanden haben.
Und auch an den Reaktionen meiner Schüler habe ich gemerkt, daß das, was wir dort gelernt und verstanden haben, nicht selbstverständlich zu sein scheint. - Manchmal noch nichtmal für Japaner selber. (Einige Japaner haben mit uns einige traditionelle Dinge zum ersten Mal in ihrem Leben gemacht.)
Wie sehr mir einiges "Japanische" in Fleisch und Blut übergegangen ist, habe ich auch erst gemerkt, als ich es mir in Deutschland wieder abgewöhnen mußte...

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