von Thomas
Ja, natürlich...
Als ich mir dieses Bild (es ist letzten September am Hachiko-Ausgang des JR-Bahnhofs in Shibuya aufgenommen, im Hintergrund sieht man die berühmte große Kreuzung von Shibuya, mit den Hochhäusern und Menschenmassen, die dort jeden Tag herüberströmen) eben anschaute, da war dieses irreale Gefühl wieder da, dass sich so schwer beschreiben lässt.
Was ich auf dem Bild sehe, kommt mir so nah vor, es kann doch gar nicht sein, dass ich mich jetzt nicht in den nächsten Zug setzen kann und dort hinfahre. Reale Entfernungen spielen dann keine Rolle, hier, dort, alles vermischt sich und braucht wieder ein paar Momente, bis im Kopf alles wieder an seinem Platzt ist. Wir sind jetzt hier und nicht dort, auch wenn es vom Gefühl her noch sehr zum greifen nah ist.
Wird das jemals wieder anders werden? Nicht wirklich, fürchte ich. Auch wenn es mir unsere Wohnung hier, meine Arbeit, unser Leben hier, noch so gut gefällt, so ist das auf dem Bild dort doch ein unauslöschlicher Teil von mir geworden, wird es immer bleiben. Und damit auch die Erinnerung an das Leben dort, an das Lebensgefühl dort.
Und das das alles etwas irreal ist, passt eigentlich zu Japan. Denn letztlich war unsere Zeit in Japan schon auch sehr irreal, vor allem eben auch wenn wir in Tokyo. Fast nichts verstehen und gar nicht verstanden werden, löst einen heraus aus der Realität. Wir waren da, aber wir waren nicht wirklich Teil des Geschehens dort, wir waren Zuschauer in einem dreidimensionalen Kinofilm, der um uns herum ablief. Das gibt dem Leben dort etwas unvergleichlich unbeschwertes, befreites, erlaubt einem eine einzigartige selektive Wahrnehmung des Angenehmen und Schönen.
Wenn man die Menge der vorbeieilenden Menschen auf dem Bild sieht, dann war ich nicht Teil davon, ich hatte mein Tempo, ich stand, machte ein Photo, ganz ruhig, losgelöst, nur ein Beobachter. Insofern ist das Bild auch ein Sinnbild für unser Leben, für unsere Rolle in Japan.
Und jetzt sind wir wieder zu Hause und von dem Leben in Japan bleiben uns nur noch Bilder, als Erinnerung in unseren Köpfen, oder als Photo auf dem Computermonitor oder auf Papier gedruckt...
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